Geblümte Tapeten an der Wand, das ist dasselbe wie ein Radioapparat, der dauernd Töne von sich gibt. Immer "Kunst" sehen und hören, schrecklich. Es gibt zwar schreiende und "dezente" Muster, wie man den Apparat brüllen lassen und leise einstellen kann. Zum Glück sieht man bald die Tapete nicht mehr und hört weder Märsche noch Vorträge. Aber es ist doch schade um die abgestumpften Sinne. Wie herrlich eine weiß gekalkte Wand und wie köstlich ein abgestelltes Radio!
Eins müßte zum anderen passen, das Haus zu seinen Bewohnern und umgekehrt. Das Leben ist garnicht so feierlich, sondern meisten recht gewöhnlich und alltäglich. In den Häusern mancher Architekten kann man sich als Bewohner nur Architekten, Modezeichnerinnen und Feuilletonredakteure unterm Strich denken, nicht aber Straßenbahnschaffner, Wagenlackierer und Bauhilfsarbeiter; in den allermeisten Häusern kann man sich eigentlich überhaupt keine Menschen denken, da das Äußere, zu sehr als Plastikkörper mit Fassadenflächen behandelt, das Innenräumliche zu wenig erahnen läßt. Man weiß nur aus Erfahrung, das in diesen merkwürdigen Gebilden Menschen wohnen, selbstverständlich ist das nicht.
Wenn ich das höre: "Die Altstadt muß wiederaufgebaut werden!" Was zerstört ist, können wir nicht aufbauen wie es war, das bringen wir gar nicht fertig. Wir können nicht historische Bauwerke überzeugend nachbilden, es würden tote Nachahmungen. In jedes Bauwerk wird unbewußt seine Zeit mit hineingebaut.
Walter Schwagenscheidt, Architekt und Stadtplaner. Sein Buch "Die Raumstadt" erschien 1949, und wer mit offenen Augen durch eine Stadt wie Hamburg läuft, kann seine Ideen und Konzepte in jedem einstmals zerbombten Stadtteil entdecken. Selbst ein Laie wie ich kann das. Was ich hingegen nicht so gut kann, ist Sütterlin. Der
Reprint der Bauhaus-Universität Weimar könnte da helfen, ist aber leider vergriffen. Das ist schade.